Blog

Referendum gegen das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT)

Willkürparagraph

Die Piratenpartei hat zusammen mit dem Chaos Computer Club, der jGLP, JUSO, junge Grüne und Parat das Referendum gegen das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) ergriffen. Hier das Referendum unterschreiben!

Wir zitieren aus der Medienmitteilung der Piratenpartei Schweiz:

Wir ergreifen hier das Referendum gegen ein Gesetz, das im Grundsatz das Ziel hatte, dass die Schweiz das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus ratifizieren kann.

Nun haben uns der Bundesrat zusammen mit einer knappen Mehrheit des Parlaments aber eine 32 Seiten lange Gesetzesänderung beschert, welche massive Grund- und Menschenrechtseingriffe durchdrückt. Verständlicherweise haben bereits zahlreiche Juristen und Meschenrechtsaktivisten dieses Gesetz kritisiert, wie z.B. die Menschenrechtskommissarin des Europarates Dunja Mijatovic oder fünf Sonderberichtserstatter der UNO, darunter der Schweizer Nils Melzer. In einem offenen Brief warnten über sechzig Rechtsexperten von allen Schweizer Universitäten vor dem grossen Willkürpotential der Gesetzesvorlage.

Nehmen wir beispielsweise den Artikel 23e, wo die Begriffe definiert werden. Dank mehreren “oder” ist eine terroristische Gefährderin oder ein terroristischer Gefährder beispielsweise bereits jemand, der bestrebt ist, die staatliche Ordnung zu beeinflussen oder zu verändern, indem Furcht und Schrecken verbreitet wird.

Diese absurd schwammige Formulierung führt nun also dazu, praktisch jeder bisher unbscholtene Bürger zu einem terroristischen Gefährder werden kann.

  • Ein Klimaaktivist der eine Abgabe auf den CO2 Ausstoss fordert (= Veränderung der staatlichen Ordnung) und dafür Furcht und Schrecken über die anhaltende Umweltzerstörung verbreitet.
  • Ein Journalist wie Julian Assange oder ein Whistleblower wie z.B. Edward Snowden haben Furcht und Schrecken über Kriegsverbrechen und die masslose staatliche Überwachung verbreitet und sehr wichtige Informationen der Welt zugänglich gemacht. Gemäss Gesetz sind sie terroristische Gefährder.
  • Eine Gruppe rechtskonservativer Bürger, die die Masseneinwanderung mittels Initiative verhindern wollen (Begrenzung der Einwanderung = Veränderung der staatlichen Ordnung) und dafür Ängste vor Einwanderern schüren (= begünstigen von Furcht und Schrecken).
  • Ein Nachrichtendienstchef oder Bundesrat, der Ängste vor Terrorismus schürt und darum tiefgreifende und deshalb umfassende Überwachungsmassnahmen der Schweizer Bürger fordert.

Sie sehen, dieses unpräzise Gesetz und die Auslegungsmöglichkeiten öffnen Tür und Tor für Willkür, Zufälle, Denunziation und endlose Verfahren. Nun sagen sicherlich einige Befürworter, diese Auslegung sei an den Haaren herbeigezogen und wir sollen unendliches Vertrauen und Behörden und Strafverfolger haben. Dass dieses Vertrauen nicht weiterhilft haben wir aber klar und deutlich beim Nachrichtendienstgesetz gesehen, wo nach einigen Jahren bekannt wurde, dass Anwälte, Journalisten oder politisch aktive Parlamentarier fichiert und überwacht werden.

Ein weiterer Kritikpunkt gilt unsererseits der Datenbearbeitung im Artikel 23h. Darin heisst es explizit, dass alle Daten genutzt und zwischen Behörden ausgetauscht werden, auch die besonders schützenswerten. Dasselbe gilt nun aber auch, wenn Dritte mit einem Gefährder in Kontakt stehen oder standen. Auch hier wird die unpräzise Definition Einfluss auf jeden Bürger unseres Landes haben. Denn jeder Mensch hat unzählige Kontakte, wie wir von dem laufenden Contact-Tracing her wissen. Das PMT Gesetz kennt beim Datenschutz keine Grenzen, jeder hat Kontakte, jeder ist betroffen. Dieser Artikel betrifft also nicht nur Journalisten oder Anwälte, die mit einem “Gefährder” in Kontakt stehen, sondern auch den Pizzakurier, den Zahnarzt oder den Lehrer des Kindes eines Verdächtigen.

Wir sehen: Mit dem vorliegenden Gesetz kann so ziemlich jeder Bürger als terroristischer Gefährder gelten und es dürfen von jedem Menschen alle Daten verarbeitet und unbegrenzt ausgetauscht werden. Das einzige, das uns mit diesem Gesetz von der unkontrollierbaren Überwachung durch einen repressiven Polizeistaat trennt ist nur noch das Vertrauen in den gesunden Menschenverstand und die Hoffnung, dass es einen selbst nicht zufälligerweise trifft.

Wir Piraten setzen uns seit über zehn Jahren in der Schweiz für Bürgerrechte, Datenschutz sowie gegen Überwachungs- und Polizeistaat ein. Wir nehmen diesen weiteren Schritt in Richtung Tyrannei nicht hin. In jedem anderen demokratischen Land würde ein Verfassungsgericht diesen staatlichen Machtgelüsten einen Riegel vorschieben, aber in unserem Land hat das Volk das letzte Wort. Darum ergreifen wir dieses Referendum.

Pressemitteilung der Piratenpartei Schweiz