Liquid Democracy

Der Kanton Basel-Stadt führt schrittweise Liquid Democracy ein. Es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung der Staatsform Demokratie. Liquid Democracy erlaubt es, die Einflussmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger mit Hilfe des Internets deutlich umfassender zu gestalten, als dies bisher möglich war.

Durch diese Massnahme werden die direktdemokratischen Instrumente ausgebaut und erweitert. Die Teilnahme am politischen Prozess wird gestärkt. Die langfristige Folge ist die Abschaffung des repräsentativen Parlaments, da es durch die Instrumente von Liquid Democracy überflüssig wird.

 

Was ist Liquid Democracy?

Liquid Democracy ist eine Form der direkten Demokratie, die sich stark auf die Instrumente der digitalen Welt stützt. Über ein mehrstufiges Verfahren können politische Ideen, Anliegen und Forderungen auf einer Internet-Plattform entwickelt, diskutiert, angepasst und zur Abstimmung gebracht werden. Eine Besonderheit von Liquid Democracy ist, dass der Einzelne sein Stimmrecht nach Wunsch entweder selbst ausübt, oder es aber an eine beliebige Person delegiert, die das Vertrauen des Delegierenden geniesst.

Im Wiki der Piratenpartei Deutschland lässt sich eine Definition finden:

«Unter «Liquid Democracy» versteht man eine Mischform zwischen indirekter und direkter Demokratie. Während bei indirekter Demokratie ein Delegierter zur Vertretung der eigenen Interessen bestimmt wird und bei direkter Demokratie alle Interessen selbst wahrgenommen werden müssen, ergibt sich bei Liquid Democracy ein fliessender Übergang zwischen direkter und indirekter Demokratie. Jeder Teilnehmer kann selbst entscheiden, wie weit er seine eigenen Interessen wahrnehmen will, oder wie weit er von Anderen vertreten werden möchte. Insbesondere kann der Delegat jederzeit sein dem Delegierten übertragenes Stimmrecht zurückfordern, und muss hierzu nicht bis zu einer neuen Wahlperiode warten. Es ergibt sich somit ein ständig im Fluss befindliches Netzwerk von Delegationen.»

Was wäre anders mit Liquid Democracy?

Mehr Chancen für Initiativen

Im heutigen System sind die Hürden hoch, um eine Initiative zu lancieren. Mit Liquid Democracy wird das Verfahren zum Starten neuer Ideen deutlich einfacher und massiv schneller. Gute Ideen sind nicht mehr so stark auf finanzstarke Lobbygruppen angewiesen wie bisher. Dadurch entsteht mehr Gerechtigkeit.

Bessere Fragen werden gestellt

Häufig gelangen Initiativen zur Abstimmung, welche von Organisationen lanciert wurden, die klar Einzelinteressen vertreten. Diese Initiativen können von Anfang an zum Scheitern verurteilt sein, obwohl die Mehrheit unter Umständen beim Thema Handlungsbedarf erkennt, die konkrete Ausgestaltung der Initiative aber ablehnt. Diese binäre Form erschwert die Feinjustierung von Anliegen.

In Liquid Democracy herrscht das Prinzip der «Bubble Initiative». Dabei nimmt eine Initiative erst in mehreren Schritten durch einen demokratischen Prozess die endgültige Form an. Es können Änderungsanträge berücksichtigt werden, was dazu führt, dass Initiativen besser abgestimmt und damit mehrheitsfähiger sind. Dieses System ähnelt dem Vernehmlassungsverfahren im schweizerischen Gesetzgebungsprozess.

 

Die Macht von Lobbyisten wird beschnitten

Es ist unmöglich, dass Politikerinnen und Politiker über alle Sachfragen Bescheid wissen. Die Lobbyorganisationen besitzen deshalb eine grosse Macht. Ihre Expertinnen und Experten stehen den Volksvertretern «beratend» zur Seite. Liquid Democracy erlaubt es, die eigene Stimme zu allen Fragen an fachlich kompetente und vertrauenswürdige Personen zu delegieren. Dies wird den Einfluss von demokratisch nicht legitimierten Beratern schwächen.

Stärkung der direkten Demokratie, Abbau der repräsentativen Demokratie

Volksvertreter werden für Perioden von vier Jahren gewählt. In dieser Zeit haben Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wenig Möglichkeit, auf die Entscheidungen «ihrer» Parlamentarier einzuwirken. Im digitalen Zeitalter erscheint dies anachronistisch.

Liquid Democracy ermöglicht die weitgehende Wahrnehmung der Aufgaben des Parlaments durch die Bürgerinnen und Bürger selbst. Die Exekutive und einzelne Kommissionen arbeiten wie bisher. Die konsequente Umsetzung von Liquid Democracy könnte aber zur Folge haben, dass die gesamte Bevölkerung de facto zum Grossen Rat wird und dessen Aufgaben übernimmt.

 

Junge Leute in die Politik einbinden

Heute bleiben die netzaffinen jüngeren Generationen bei demokratischen Entscheidungen häufig aussen vor. Weder wird auf ihre Form des Umgangs miteinander eingegangen, noch werden die von ihnen angewandten Technologien für den demokratischen Prozess benutzt.

Liquid Democracy geht stark auf die zivilisierten Umgangsformen der Netzgemeinde ein. Junge können mit Hilfe elektronischer Geräte wie Smartphones, die einen wichtigen Teil ihres Alltags ausmachen, aktiv und einfach am demokratischen Prozess teilnehmen.

 

Voraussetzungen für die Einführung von Liquid Democracy

Damit alle Bürgerinnen und Bürger problemlos am demokratischen Prozess teilnehmen können, muss ein freies WLAN-Netz im Gebiet von Basel eingerichtet werden. Der Staat muss ausserdem im Internet die notwendigen Strukturen entwickeln, damit Liquid Democracy funktionieren kann.

Dazu gehören sichere und leicht bedienbare Werkzeuge, um anonyme Abstimmungen vorzubereiten und durchzuführen, beispielsweise Diskussionsplattformen und verschiedene Arten von Bürgernetzwerken, die sich auf diese Infrastruktur stützen. Für Bürgerinnen und Bürger, die mit den digitalen Technologien wenig vertraut sind, sollen in allen Quartieren öffentliche, leicht zu bedienende Terminals eingerichtet werden, mitsamt einer umfassenden technischen Beratung vor Ort.

 

Folgen der Einführung von Liquid Democracy

Liquid Democracy als modernes Instrument der direkten Demokratie macht Basel zu einer digitalen Modellstadt mit Strahlkraft weit über die Landesgrenzen hinaus.

Als Bürgerinnen und Bürger der Schweiz haben wir das Privileg, in einem Land zu leben, das so viele Volksrechte kennt wie kaum ein anderes. Um diesen Status erhalten und ausbauen zu können, erachten wir es als notwendig, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern auch in der Entwicklung der politischen Instrumente der Zukunft an vorderster Front mitzuarbeiten.

 

 

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